„We are still in“ ist die wohl freudigste Nachricht des aktuellen Klimagipfels in Bonn und sie kommt ausgerechnet von Vertretern der USA. Nachdem Präsident Donald Trump im Juni 2017 den Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ankündigte, hatten viele die Amerikaner in Punkto Klimaschutz bereits abgeschrieben. Doch relativ unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit hat sich eine veritable Klimaschutzbewegung etabliert. Und dazu gehören nicht einfach nur irgendwelche Weltverbesserer, die mit Transparenten das Weiße Haus belagern. Ganze Bundesstaaten stellen sich gegen den Präsidenten und seine selbstzerstörerische Klimapolitik.

20 Gouverneure sind zur UN-Klimakonferenz in Bonn angereist, um als Gegenbewegung zur offiziellen Delegation der USA aufzutreten. Angeführt wird die Bewegung vom kalifornischen Gouverneur Jeff Brown. Zu seinen Mitstreitern gehören neben Gouverneuren und Senatoren auch 1300 große amerikanische Unternehmen. Nach einer Studie des renommierten Rocky Mountain Institute steht hinter der Bewegung etwa die Hälfte der US-amerikanischen Wirtschaftskraft. Dazu gehören unter anderem die großen Automobilhersteller General Motors und Ford, die eine umfangreiche Elektromobil-Initiative für 2020 angekündigt haben, genauso wie der Stahlhersteller Steel Dynamics, der künftig keinen Strom mehr aus Kohlekraftwerken für seine Produktion beziehen will. Das hat bereits dazu geführt, dass der örtliche Stromversorger des Stahlriesen seine Pläne für ein weiteres Kohlekraftwerk ad acta gelegt hat und nun die Stromgewinnung durch erneuerbare Energien vorantreibt. Auch die Warenhausgiganten Walmart und Target beteiligen sich mit eigenen Klimaschutzaktivitäten.

Mit ihrem Auftritt beim Weltklimagipfel hat die Gruppe um Jeff Brown viel Aufmerksamkeit erregt und wird Klimaaktivisten weltweit neuen Mut gemacht haben. Wenig erfreut dürfte hingegen das Weiße Haus gewesen sein, das eine so offensichtliche Zurschaustellung der Spaltung des eigenen Landes wohl gern vermieden hätte. Andererseits schien die offizielle Delegation der Regierung nicht sehr beeindruckt zu sein und ließ sich im eigenen Kurs nicht beirren, wie eine Präsentation im US-Pavillon über die „nachhaltige Nutzung von Kohleenergie“ zeigte.

Zum Treffen der Staats- und Regierungschef, dem eigentlichen Höhepunkt des Klimagipfels, schickten die USA sogar nur eine Referatsleiterin. Auf Referatsleiterebene arbeiten in der Regel Experten, die Regierungsvertretern in Fachfragen beratend zur Seite stehen. Zum Vergleich: für Deutschland nahmen sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil. Das Weiße Haus hat also ein deutliches Signal gesendet, wie die Prioritäten unter Präsident Trump gesteckt sind.

Zwischenfazit des Klimagipfels: Ambitionierte Klimaziele, zu wenige Maßnahmen

Obwohl die USA mit ihrer aktuellen Regierung derzeit die Rote Laterne unter den Klimaschützern trägt, haben sich auch alle anderen Staaten nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was die Umsetzung notwendiger Klimaschutzmaßnahmen betrifft. International herrscht zwar ein großer Konsens, welche Ziele man einhalten will, doch national fehlt es bis heute an der konsequenten Umsetzung entsprechender Maßnahmen. Besonders in den Bereichen Verkehr und Energie passiert bis heute viel zu wenig. So ist der CO2-Ausstoß in den vergangenen Jahren sogar wieder angestiegen.

Auch Deutschland, einstiger Vorreiter bei klimapolitischen Maßnahmen, muss sich diesen Vorwurf gefallen lassen. Im internationalen Klimaschutz-Index 2018 landet die Bundesrepublik nur auf Rang 22. Die weltweite Bilanz ist sogar so weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, dass die Experten des Klima-Index die ersten drei Plätze demonstrativ freigelassen haben. Erst auf Rang 4 führt Schweden das Ranking als derzeit klimafreundlichstes Land der Erde mit vergleichsweise niedrigen Pro-Kopf-Emissionen und guten Entwicklungen im Ausbau erneuerbarer Energien an.

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Quellen / Anmerkungen

Blamage für die USA: ZDF / heute
Staaten halten sich kaum an Pariser Klimavertrag: Zeit online
USA schicken nur Referatsleiterin: Spiegel online
UN Klimakonferenz 23: Website der UNFCC