Klirrende Kälte bis zu -40 Grad Celsius und starke Stürme haben die Ostküste der USA seit Tagen fest im Griff. Schneefall und Vereisung sind so stark, dass nicht nur tausende Flüge in den nordöstlichen Bundesstaaten ausfallen, sondern auch 24.000 Haushalte vorübergehend von der Stromversorgung angeschnitten waren. Die Windgeschwindigkeiten erreichen Orkanstärke und lassen die gefühlte Temperatur ins unerträgliche absinken – bis zu -67 Grad Celsius.
Und als wäre das noch nicht genug, spülen an den Küsten bis zu 7 Meter hohe Wellen ins Landesinnere. Viele Straßen von Boston, der Hauptstadt des Staates Massachusetts, sind überflutet. Mittlerweile ist das Wasser in den Straßen sogar zugefroren und hat parkende Autos einfach eingeschlossen. Die Menschen sind damit im Eis gefangen und müssen die Kälte vielerorts aussitzen. Auch in New York hat der Bürgermeister die Einwohner dazu aufgerufen zuhause zu bleiben. Über 1000 Streu- und Räumfahrzeuge kämpfen in der Millionenmetropole täglich gegen bis zu 40 Zentimeter Neuschnee. Selbst im sonst so sonnigen Florida erlebten die Menschen zum ersten Mal seit 29 Jahren signifikanten Schneefall. In den sozialen Medien machen zahlreiche Bilder die Runde, wie Mensch und Tier von der plötzlichen Kälte überrascht werden. So fallen beispielsweise Leguane von den Bäumen und bleiben stocksteif am Boden liegen. Die niedrigen Temperaturen paralysieren die Warmblüter regelrecht, wodurch diese sich nicht mehr festhalten können. Viele Autofahrer hingegen haben zum ersten Mal in ihrem Leben mit glatten Straßen zu kämpfen.
Schuld an den Wetterkapriolen an der US-Ostküste ist ein „Bomben-Zyklon“. So haben US-Medien das Wetterphänomen in den vergangenen Tagen immer wieder betitelt. Doch was steckt hinter dieser Bezeichnung? Und warum müssen die Amerikaner mit einem solch extremen Wintereinbruch kämpfen, wenn sich die Erde doch erwärmt?
Meteorologen klassifizieren eine solches Tiefdruckgebiet in Fachkreisen als explosive Zyklogene. Natürlich eignet sich diese Bezeichnung weniger für die Verbreitung in sozialen Netzwerken und so muss eben die umgangssprachliche Bezeichnung „Bomben-Zyklon“ (engl. „bombcyclone“) für den Hashtag herhalten. Charakteristisch dafür ist ein rasanter Abfall des Luftdrucks im Auge des Sturms. Um mindestens 24 Hektopascal innerhalb von 24 Stunden. Das passiert vor allem beim Aufeinandertreffen von kalter arktischer und milder Luft aus mittleren Breitengraden. Wetterexperten vermuten, dass der Luftdruck beim Sturmtief „Grayson“, wie der Bomben-Zyklon offiziell getauft wurde, sogar um bis zu 48 Hektopascal gesunken ist. Je größer der Druckunterschied, desto stärker wird der Sturm. Damit Sie diese Zahlen einmal in Vergleich setzen können: Bei einem gewöhnlichen Sturmtief sinkt der Luftdruck gerade einmal um etwa 10 Hektopascal in 24 Stunden. Die Entwicklung von „Grayson“ ist geradezu explosiv – wie eine Bombe eben. Besonders wenn ungewöhnlich kalte Luft aus den Polarregionen angesaugt wird und den Sturm so weiter verstärkt.
Vielleicht fragen Sie sich nun, wie ein Wintersturm in das Bild der globalen Erwärmung passt.
Sind diese eisigen Gegensätze nicht Wasser auf den Mühlen der Skeptiker des Klimawandels?
Ganz im Gegenteil sogar!
Wissenschaftler haben bereits einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Eismassen in der Arktis und zunehmenden Kältewellen in den USA und Eurasien entdeckt. Untersuchungen zeigen, dass ein geschwächter Polarwirbel dafür verantwortlich sein könnte, dass kalte Polarluftmassen in niedrigere Breiten vordringen. Die starken Winde des Polarwirbels verhindern normalerweise ein abdriften kalter Polarluft Richtung Süden. Diese Winde sind allerdings nachweislich geschwächt. Der sogenannte Jetstream bläst eigentlich geradlinig von Westen nach Osten. Seit dem Jahreswechsel zeigen Messungen aber einen wellenförmigen Verlauf des Jetstreams, was ein typisches Anzeichen abschwächender Winde ist. Viele Wissenschaftler vermuten, dass dafür der Temperaturanstieg in der Arktis ausschlaggebend ist. Die genauen Zusammenhänge sind allerdings noch unklar und müssen weiter erforscht werden.
Seit 1990 sind die Winter im Nordosten der USA sowie Eurasien kälter geworden und stehen damit im Kontrast zur globalen Erwärmung. Der Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump nutzte die Kälte des Bomben-Zyklon in seinen Twitter-Mitteilungen natürlich, um die Erderwärmung als Ganzes in Frage zu stellen. Dass die Extremkälte nur sehr lokal begrenzt ist und es aktuell laut Klimaforschern global viel wärmer als üblich ist, ließ Trump dabei in gewohnter Manier außer Acht.
Quellen / Anmerkungen
Wie die US-Kältewelle zur Erderwärmung passen könnte: Spiegel online
Winter in den USA sind kälter geworden: Die Welt
Die USA zittern sich durch den Bombenzyklon: Stern